Jugoslawiennostalgie

Das Miteinander betreffend
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Lucijan
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Nov 2012 26 21:13

Jugoslawiennostalgie

Ungelesener Beitrag von Lucijan

Wie steht's denn mit euch Ex-Jugoslawen ?

War alles schlechter damals unter SFRJ, als heute in Unabhängigkeit ?

Was war früher für den einzelnen fühlbar besser/ schöner ?

Zum Beispiel : wir(gemeint sind hier wir Slowenen) waren besser im Fussball, Jugoslawen waren ein Begriff in Europa, wir waren 'mehr'..

Eine interessante Doku über die Rückbesinnung an die 'gute' alte Zeit unter SFRJ, hier mehr aus der Sicht der Serben :

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France Prešeren
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Nov 2012 27 20:17

Re: Jugoslawiennostalgie

Ungelesener Beitrag von France Prešeren

Mein Gefühl ist, früher hat eher das Motto geherrscht "leben und leben lassen". Im Vergleich zu Deutschland ist es in Slowenien immer noch öfter zu finden, doch auch in Slowenien wird es weniger.

Nicht auszusparen ist durch die derzeitige Krise natürlich die Angst um den Arbeitsplatz. Früher habe ich die nie gespürt und das ist jetzt definitiv anders.

Was früher auch besser war, die Fahrt an "unser" Meer. Gemeint ist aber nicht wirklich das slowenische Meer, sondern die Küste Kroatiens und damit Jugoslawiens, die ohne Grenzhindernisse möglich war. Immerhin das wird wieder kommen, sobald Kroatien Mitglied der Schengenstaaten wird. Ich möchte die Straßenbedingungen ausdrücklich aussparen! :lachend:

In einem anderen Thread schrieb ich es schon mal, wiederhole es aber gerne. So unpraktisch die Milchbeutel auch waren, ich fand sie sowas von klasse. :klatschend:

Auch die Čokoladne Rolade waren früher eindeutig besser. :essenbereit:
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Lucijan
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Nov 2012 28 20:08

Re: Jugoslawiennostalgie

Ungelesener Beitrag von Lucijan

Mit meinen Eltern fuhr ich seit Geburt einmal im Jahr nach Slowenien.
Genauer weilte ich im Sommer während rund vier Wochen in der Gegend um Koper und besuchte das mittlere Vipavatal ( da lebte der grösste Teil meiner Verwandschaft)

Bis zu meinem 16. Lebensjahr fuhr ich regelmässig 'runter, danach habe ich Slowenien sieben Jahre gemieden; es gab mir nichts mehr.
1994 begann ich Slowenien wieder öfters zu besuchen.
Nach diesen sieben Jahren erschien mir Slowenien natürlich anders, als bei meinem letzten Besuch.
Insbesondere Koper wurde enorm ausgebaut.
Die eingedeichten Landstücke rund um die Altstadt, sind heute grösstenteils mit Einkaufscentern und Parkplätze für nach Osteuropa bestimmte Autos versiegelt.
Das Warenangebot ist sehr international geworden.
Die Auswahl ist riesig, erdrückt mich aber persönlich.
'Ich brauche das wenigste davon.'
Einkaufen scheint ein neues Hobby der Leute rund um die Einkaustempel geworden zu sein.
Zerstreuung.
Wovon ?

Was für mich im Detail typisch für die Zeit damals war ( vor 1988) : fast nur Schokolade und Süssgebäck von KRAS im Angebot (mit Ausnahme der paar einheimischen Kekssorten), Eurokrem, Süssbrausen von Radenska, gerade mal 5,6 Automarken auf den Strassen zu sehen(Zastava, Jugo,Wartburg,..), ausgelaufene Milchtüten(alpsko Mljeko) in den Milchproduktekühlregalen,fast keine Olivenbäume zu sehen im Vergleich zu heute (positiv),weniger gut ausgebaute Strassen, Tito- Blider in Geschäften und Restaurants,
..
Veränderung gehört zum Leben .
Mit Vorteilen gehen oft auch Nachteile einher.
Stellen wir uns ihnen
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Benutzer 989 gelöscht
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Nov 2012 29 23:39

Re: Jugoslawiennostalgie

Ungelesener Beitrag von Benutzer 989 gelöscht

Lucijan hat geschrieben: Eine interessante Doku über die Rückbesinnung an die 'gute' alte Zeit unter SFRJ, hier mehr aus der Sicht der Serben :
interessante doku;
"Lexicon of YU Mythology" gibt es nur in der serbischen Version; zumindest in lateinischer Schriftform :mrgreen:
Eine slowenische Ausgabe wäre evtl. interessant; aber 42 euro? na ja

Von der alten SFRJ ist in Slo nicht mehr viel übrig geblieben und Zahlreiche behaupten, dass es so merklich besser ist.
Heute bereist man als Slowene Bosnien, Serbien, Kroatien, aber Viele verstehen die Sprache nicht mehr. Gerade die
Jüngeren lernen kein "serbo oder kroatisch" an den Schulen und daran scheitert es schon, weil keine Kommunikation.

Parteitreue hatten damals gut gelebt; wer allerdings etwas opposionell, kritischer unterwegs war...landete sehr flott
in einem Gulag-Loch(Goli otok). Auch wurde auf juristischer Seite so Manches schnell mal unter den Tisch gekehrt.
Nur mal am Rande ( Rechtssystem in ex-YU )
Boris Fakin, Venko Markovski, Ligio Zanini, Claudio Magris konnten ein Lied davon singen.
Drago Jančar, slowenischer Schriftsteller, wurde 1974 wegen "feindlicher Propaganda" und "publizistischen Ungehorsams" inhaftiert.
Als Pläne zur Niederschlagung der slowenischen Demokratiebewegung öffentlich gemacht wurden, Mladina, wurden Janza, Zvrl auch
etwas weichgekocht. Im Geheimdienst und in der Volksarmee, überlegte man damals, das Kriegsrecht über Slowenien zu verhängen und die Teilrepublik durch die Militärpolizei besetzen zu lassen, so wie es ein Jahr später im Kosovo tatsächlich geschah. ( nur so mal nebenbei)
Das vorwiegend serbisch-besetzte Zollpersonal an den Grenzstationen war öfters recht unflätig, speziell zu den Slowenen.
Auch beim Militär spürte man gelegentlich die Selbstherrlichkeit der Serben. Bei uns mochte Keiner die Serben. Diese wurden
bei uns im Dorf immer als Zecken bezeichnet(Blutsauger) Mit den Kroaten/Bosniern kam man immer ganz gut aus. Bosnische
Metzger waren in Slowenien sonst gerne gesehen.

Kurz: wer sein Maul als buckliger Mitläufer im System halten konnte, der lebte recht ordentlich. Wer allerdings eine Krankheit hatte, ich nenne diese mal: " Ich kann mein Maul einfach nicht halten", hatte es verdammt schwer dort. Darum haben auch Zahlreiche das Land verlassen, weil
Leute, die was schaffen wollten, oft keine Chance erhielten. Parteifuzzies, serbische Speichellecker, A-Kriecher, Denunzianten hatten die Oberhand und alles wurde penibel
kontrolliert. Unternehmer hatten es eher schwer bis sehr schwer. Der Großvater mochte die Nazis nicht und was danach kam,
war auch nicht viel besser. Ein großer Teil verließ schon vor Tito die YU (-Mythology)

Wer will diese Zeiten pers. noch zurück?
Alte Zöpfe abschneiden und nach Vorne schauen. Reisen in die Vergangenheit nutzen nix.

In yu-Künstlerkreisen sieht man die Problematik etwas entspannter. In manchen Grenzregionen sind die Fronten aber elend
verhärtet. Wer paar Familienmitglieder im yu-Rinderwahn-Krieg verloren hatte, wird wohl kaum freiwillig als Bosnier nach Belgrad reisen und umgekehrt.
Was sich dort in den letzten 20 Jahren innerhalb Europas ereignete, ... geht normalerweise auf keine Kuhhaut. Die Diplomatie hatte
gänzlich versagt.
YU Mythology ist für paar Nostalgiker und Hobbyhistoriker ein netter Zeitvertreib; mehr aber auch nicht. Letztendlich wünschen sich die ganzen Menschen dort nur etwas Normalität im Leben und nicht so einen Zirkus wie Belgrad-Sarajewo in 8 h und via 4 Grenzstationen.
Mirjana Karanovic sagt in zwei Sätzen aus, was viele sich denken. Vermutlich nicht nur in Serbien.
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Benutzer 989 gelöscht
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Dez 2012 02 00:30

Re: Jugoslawiennostalgie

Ungelesener Beitrag von Benutzer 989 gelöscht

Jugo fing in Jesenice an, bei den Würstelverkäufer und den nach Fett triefenden, Krajnska/Bosna`s. :mrgreen:
Bild
Ab da wurde Einem bewusst, daß man sich in einem völlig anderem Land befand. Das Tor in eine völlig andere Welt, so zu sagen, f. Nord-Westler!

als man den Militärflughafen rundherum fotografierte; landete man 3 Tage im kroatischen Militär-Knast; ja so war die jute YU :totlach:
heute kann darüber lachen.


ps. Radenska aus PET-Flaschen ist bääh; Radenska nur original aus der grünen Glasflasche ( war aber mal besser ) evtl. wird Leitungswasser zugemischt?
Cockta schmeckt irgendwie besser, dank optimierter Chemie.



Horror: WC-Papier, rosa, 50 x Einzelblatt im Packerl - Wahnsinn!
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Slowene93
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Re: Jugoslawiennostalgie

Ungelesener Beitrag von Slowene93

oh jesenice (mala bosna)

den bahnhof kenne ich da hat mich mien opa abgeholt wo ich von berlin via münchen dort hingefahren bin :D
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France Prešeren
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Re: Jugoslawiennostalgie

Ungelesener Beitrag von France Prešeren

Hier noch etwas über die Jugonostalgie.
http://www.arte.tv/de/tito-lebt-fuer-ma ... 36482.html" onclick="window.open(this.href);return false;

Interessant dabei ist, dass die genauer gesagt Titonostalgie vor allem von jenen gelebt wird, die das Regime gar nicht mehr oder kaum mitbekommen haben. Ebenso ist interessant, dass die jugoslawischen Republiken kein Patent auf diese Nostalgie haben, sondern dieselbe Nostalgie von denselben Zielgruppen in den jeweiligen Ländern für Franco, Stalin und Ceausescu gelebt werden.

http://videos.arte.tv/de/videos/yourope--7285656.html" onclick="window.open(this.href);return false;

Dabei werden die Morde Stalins genauso relativiert wie die "Meinungsfreiheit" in Jugoslawien. Von den Schikanen der jugoslawischen Staatsbediensteten in Slowenien gar nicht zu sprechen oder der Propaganda gegen Slowenen im jugoslawischen Staatsfernsehen.

-- Nachricht nachträglich hinzugefügt am 02.02.2013 14:44 --

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Tom
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Re: Jugoslawiennostalgie

Ungelesener Beitrag von Tom

France Prešeren hat geschrieben:
Interessant dabei ist, dass die genauer gesagt Titonostalgie vor allem von jenen gelebt wird, die das Regime gar nicht mehr oder kaum mitbekommen haben. Ebenso ist interessant, dass die jugoslawischen Republiken kein Patent auf diese Nostalgie haben, sondern dieselbe Nostalgie von denselben Zielgruppen in den jeweiligen Ländern für Franco, Stalin und Ceausescu gelebt werden.
Genau das ist das Problem. Diejenigen, die jetzt in Nostalgie verfallen, sind schlecht aufgeklärt. Es sollte vielmehr die dunkle Seite der damaligen Regime beleuchtet werden. Klar kann man viele Dinge ins "positive" Licht rücken. Das könnte man auch aus Zeiten des 3. Reiches, wenn man wollte/ es darauf anlegt. (Vollbeschäftigung, Zusammenhalt, vorgespielte Sicherheit... ) Das ist aber mehr als gefährlich, da sich hier Nährboden für radikale Parteien findet.
Manche Leute drücken nur ein Auge zu, damit sie besser zielen können.
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MOMO
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Re: Jugoslawiennostalgie

Ungelesener Beitrag von MOMO

und genau da liegt das Problem....es gibt einige Alte, denen man nichts erklären kann/braucht, weil die waren dabeigewesen...und die tragen heute mit "Stolz" Orden auf ,die mitunder mit viel Blut befleckt sind...aber das sind die einen...schlimmer sind echt die, die meinen zu wissen, wie toll alles war, aber niemals Milch aus dem Volkseigenem Betrieb gesoffen haben...mir tut es manchmal leid, das es keine entkommunismusfizierung gegeben hat....nicht nur in Yu...auch in Ost-D.
Nochmal: weder in Yu oder in einem anderen Land Osteuropas wurde Völkermord wie vom Deutschen Reich verübt!aber die Wurzeln werden immer von einer Diktatur gelegt! leider hat sich das in yu bewahrheitet, es blieb territorial begrenzt, aber die Ursachen waren bedingt durch das System. Selbst ein Tito hätte 3000 Jahre alt werden müssen, damit nix passiert....er hat es gut getan, aber auch er hat Fehler in seiner Biographie (das hat er mit mir gemein.... :prost: )..es ist leicht, auf Toten rumzutrampelm...viel schwerer ist es, sich mal an die eigene Nase zu fassen...

lg
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Feb 2013 03 21:58

Re: Jugoslawiennostalgie

Ungelesener Beitrag von Benutzer 989 gelöscht

Unter Tito konnten die Leute wenigstens noch in das Ausland gehen, wenn es ihnen in YU nicht gepasst hatte?
War in vielen Ost-Blockländern dagegen oft schwer oder erst gar nicht möglich. Von daher war Tito noch
humaner als der Rumukel-, Russen-, Chinesen-Diktator.


ps. Stalin war vermutlich der größte Volksmörder aller Zeiten.
Allein in den Hungerwintern, 20iger Jahren, starben allein rd. 11 Millionen in Russia. Zahlreiche noch vor, während und nach dem WK II.
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