Die Ausgelöschten

Nationale und internationale Politik

Moderator: Trojica

Benutzeravatar

MOMO
Forumsüchtig geworden
Beiträge: 2199
Registriert: 14. Jun 2009 22:44
Geschlecht: männlich
Slowenischkenntnisse: Fließend verstehen und sprechen
Wohnort:
Hat sich bedankt: 22 Mal
Danksagung erhalten: 70 Mal
Feb 2014 27 19:05

Re: Die Ausgelöschten

Ungelesener Beitrag von MOMO

Letzter Beitrag der vorhergehenden Seite:

Slowenische „Ausgelöschten“-Frage nach 22 Jahren weiterhin aktuell

Vor 22 Jahren hat Slowenien mehr als 25.000 Ex-Jugoslawen widerrechtlich aus seinem Bevölkerungsregister gestrichen. Heuer soll ein Entschädigungsschema ins Leben gerufen werden, das den Betroffenen erstmals eine pauschale Entschädigung gewährt. Allerdings lehnen die „Ausgelöschten“ die von der Regierung ausgearbeiteten Lösungen erneut ab.

Die Mitte-Links-Regierung von Ministerpräsidentin Alenka Bratusek entwickelte ein Entschädigungsschema, das im vergangenen November im Parlament gebilligt wurde. Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) hatte 2012 Slowenien dazu verpflichtet, einen Plan zur Entschädigung von rund 25.000 Ex-Jugoslawen, die 1992 widerrechtlich aus dem Bevölkerungsregister gestrichen worden waren, auszuarbeiten. Damals hat der EGMR in einer Klage entschieden, dass Slowenien die Menschenrechte der „Ausgelöschten“ verletzt habe.

Das mit Juni in Kraft tretende Schema sieht pauschale Entschädigungen unter starken Einschränkungen vor: Nicht alle Betroffenen, die aus dem Bevölkerungsregister gestrichen wurden, sind auch zur Entschädigung berechtigt. Das Gesetz engt den Berechtigtenkreis auf jene „Ausgelöschte“ ein, die heute einen geregelten Status in Slowenien haben - sie besitzen entweder eine Aufenthaltsbewilligung oder die slowenische Staatsbürgerschaft. Auch diejenigen, die vor dem Jahr 2010 versuchten ihren Status zu regeln, aber abgelehnt wurden, haben Anspruch auf die Entschädigung. Die Regierung argumentiert, dass die „Ausgelöschten“ nur anhand ihrer vollzogenen oder versuchten Statusregelung das Interesse auf ein Weiterleben in Slowenien bewiesen hätten. Nach diesen Kriterien hätten mit rund 12.000 Personen nur knapp die Hälfte aller Betroffenen Anspruch auf Entschädigungen.

Für jedes Monat, das sie aus dem Bevölkerungsregister gestrichen waren, stehen ihnen laut Gesetz 50 Euro zu. Für jedes Jahr der Tilgung wären das 600 Euro, für einen 20-jährigen Zeitraum würde die Entschädigungssumme maximal 12.000 Euro betragen. Die „Ausgelöschten“, die das umstrittene Gesetz zum Entschädigungsschema vor dem slowenischen Verfassungsgericht anfechten, kritisieren die Höhe der Entschädigung als „skandalös“. Sie sind überzeugt, dass die Regierung mit allen Mitteln versucht, ihren rechtlichen und moralischen Verpflichtung für die Wiedergutmachung auszuweichen. Hingegen ist die Regierung der Meinung, dass das Gesetz eine angemessene Genugtuung einführt.

Mit Spannung wird ein neues Urteil des EGMR erwartet, von dem man sich auch eine Bewertung des Entschädigungsschemas erhofft. Sechs Betroffene, die Slowenien vor dem Straßburger Gericht im Jahr 2012 erfolgreich klagten, fordern laut Medienberichten nun auch eine Entschädigung für den materiellen Schaden. Für den immateriellen Schaden, den sie erlitten haben, wurden ihnen vor zwei Jahren bereits jeweils 20.000 Euro zugesprochen. Es wird erwartet, dass das Gericht in seinem Urteil auch erklären werde, ob es mit dem Entschädigungsschema zufrieden ist.

Nach der Erklärung der Unabhängigkeit Sloweniens von Jugoslawien 1991 hatten die rund 200.000 im Land ansässigen Bürger aus anderen jugoslawischen Teilrepubliken sechs Monate Zeit, für die slowenische Staatsbürgerschaft oder für ein unbefristetes Aufenthaltsrecht zu optieren. Die große Mehrheit machte von dieser Möglichkeit Gebrauch, mehr als 25.000 versäumten diese Frist jedoch. Am 26. Februar 1992 wurden sie ohne Vorwarnung aus dem slowenischen Bevölkerungsregister gelöscht und verloren auf einen Schlag alle Sozialrechte. Viele wurden gezwungen, das Land zu verlassen, oder wurden abgeschoben.

Nach Angaben des slowenischen Friedensinstituts schaffte es bisher nur die Hälfte der „Ausgelöschten“, ihren Status zu regeln. Das slowenische Verfassungsgericht erklärte die Tilgung in zwei Entscheidungen (1999 und 2003) für rechtswidrig und beauftragte die Regierung, die Rechte der Betroffenen rückwirkend wiederherzustellen. Die Behörden blieben bei der Umsetzung jedoch jahrelang säumig. Diese Frage hatte immer wieder großen politischen Wirbel verursacht, konservative Parteien blockierten die Lösungsanläufe.


quelle: http://www.tt.com/" onclick="window.open(this.href);return false;
Je mehr Löcher, desto weniger Käse
Benutzeravatar

Alex
Freudiger Teilnehmer
Beiträge: 92
Registriert: 19. Nov 2011 18:10
Geschlecht: männlich
Slowenischkenntnisse: Basiskenntnisse
Wohnort:
Hat sich bedankt: 0
Danksagung erhalten: 1 Mal
Feb 2014 28 10:07

Re: Die Ausgelöschten

Ungelesener Beitrag von Alex

Das freut mich sehr, dass in dieser Richtung weiter positives passiert. Ueber die "Ausgeloeschten" habe ich schon viel gelesen und es waren wirklich ein paar traurige Einzelschicksale dabei.
Man muss natuerlich auch verstehen, dass alles aus dem Kontext der jugoslawischen Desintegration geschah.
Benutzeravatar

Thema-Ersteller
France Prešeren
Gehört zum Foruminventar
Beiträge: 5764
Registriert: 13. Jun 2009 13:34
Geschlecht: männlich
Slowenischkenntnisse: Umgangssprachlich (Smalltalk)
Wohnort: Novo mesto
Hat sich bedankt: 504 Mal
Danksagung erhalten: 997 Mal
Gender:
Slovenia
Jun 2014 16 21:24

Re: Die Ausgelöschten

Ungelesener Beitrag von France Prešeren

Am Mittwoch ist es so weit. Das Gesetz für die Entschädigung der Ausgelöschten tritt in Kraft. Wie bereits erwähnt, bekommen die berechtigten Antragsteller 50€ pro Monat ausgelöscht sein. Wer mehr haben will, muss weiterhin gerichtlich vorgehen und den individuellen Schaden nachweisen. Wobei dann die Höchstgrenze bei 150€ pro Monat liegt. Mehr gibt es laut Gesetz auf keinen Fall.

Beim Europäischen Gerichtshof sind allerdings weiterhin diverse Verfahren diesbezüglich anhängig.
Nazadnje še, prijatlji,kozarce zase vzdignimo,ki smo zato se zbrat'li,ker dobro v srcu mislimo.
Benutzeravatar

Benutzer 989 gelöscht
Hat sich bedankt: 0
Danksagung erhalten: 0
Jun 2014 18 22:15

Re: Die Ausgelöschten

Ungelesener Beitrag von Benutzer 989 gelöscht

France Prešeren hat geschrieben:Am Mittwoch ist es so weit. Das Gesetz für die Entschädigung der Ausgelöschten tritt in Kraft
und wieviel Millionen kostet die Auslöse?

ps. wenn 420 Mio. Euro veranschlagt worden sind....sind am Ende
rund > 10.732 Antragsteller am Start?

ps2. hätte man damals auch Einen auf Ausgelöscht gemacht....hätte man rd. 40.000 euro mehr im Koffer? :gruebel:


.
Benutzeravatar

MOMO
Forumsüchtig geworden
Beiträge: 2199
Registriert: 14. Jun 2009 22:44
Geschlecht: männlich
Slowenischkenntnisse: Fließend verstehen und sprechen
Wohnort:
Hat sich bedankt: 22 Mal
Danksagung erhalten: 70 Mal
Okt 2014 19 13:47

Re: Die Ausgelöschten

Ungelesener Beitrag von MOMO

KOSMOS-Dialog “Biopolitics and Loyalties in Post-Yugoslav Slovenia”, 23.10.14 Berlin

Einladung zum KOSMOS-Dialog „Biopolitics and Loyalties in Post-Yugoslav Slovenia“ mit Prof. Dr. Marina Gržinić (Ljubljana/Wien) und anschließendem Kommentar von Prof. Dr. Tanja Petrović (Ljubljana)
Donnerstag, 23. Oktober 2014, 18 Uhr
Senatsaal der Humboldt-Universität zu Berlin
Das Institut für Slawistik der Humboldt-Universität und die Berliner Zweigstelle der Südosteuropa-Gesellschaft laden herzlich zu einer Abendveranstaltung zu Slowenien ein.
Der im Rahmen des KOSMOS-Programms der HU-Exzellenzinitiative organisierte Dialog zwischen Prof. Dr. Marina Gržinić und Prof. Dr. Tanja Petrović schließt an die aktuelle postkoloniale Debatte über Biopolitik an und bietet einen kritischen Blick auf die gesellschaftspolitische Entwicklung Sloweniens in den vergangenen 20 Jahren.


Am 26. Februar 1992, acht Monate nach der Erklärung der Unabhängigkeit von Jugoslawien, löschte die neue Republik Slowenien etwa 28.000 Personen aus ihren Melderegistern. Die „izbrisani“, die Ausgelöschten, sind Serb_innen, Kroat_innen, Bosnier_innen und Roma, die über Jahrzehnte im jugoslawischen Slowenien gelebt und gearbeitet haben, und nun über Nacht ihre Identität verlieren und gezwungen sind als „lebendige Tote“ zu existieren. Diese und andere gegenwärtige politische Praktiken im postjugoslawischen Slowenien beschreibt Marina Gržinić mit Achille Mbembes Begriff der Nekropolitik womit sie in Abgrenzung zu Foucaults Verständnis von Biopolitik einen Mechanismus des „Töten-oder-leben-lassen“ in gegenwärtigen politischen Prozessen identifiziert.
Der Vortrag von Marina Gržinić wird anschließend von Tanja Petrović kommentiert.

Marina Gržinić ist Professorin für konzeptuelle Kunst an der Akademie der Bildenden Künste in Wien sowie Fellow am Institut für Philosophie der Slowenischen Akademie der Wissenschaften und Künste in Ljubljana. Ihre Forschungstätigkeit umfasst postkoloniale Theorien, Cyber- und Transfeminismus, kritische Kapitalismusforschung und Medientheorie.
Sie gilt als eine der bedeutendsten, zeitgenössischen Theoretikerinnen Sloweniens.

Tanja Petrović ist Fellow am interdisziplinären Zentrum der Slowenischen Akademie der Wissenschaften und Künste in Ljubljana und eine renommierte Expertin auf dem Gebiet postjugoslawischer Erinnerungskultur.

Im Anschluss an den KOSMOS-Dialog findet ein kleiner Empfang statt.

Eine Anmeldung ist nicht erforderlich.
mehr Infos:
http://www2.gender.hu-berlin.de/ztg-blo ... 14-berlin/" onclick="window.open(this.href);return false;
Je mehr Löcher, desto weniger Käse
Benutzeravatar

Ivo
Begeistertes Mitglied
Beiträge: 192
Registriert: 8. Sep 2009 19:23
Geschlecht: männlich
Slowenischkenntnisse: Fließend verstehen und sprechen
Wohnort:
Hat sich bedankt: 0
Danksagung erhalten: 0
Okt 2014 19 22:44

Re: Die Ausgelöschten

Ungelesener Beitrag von Ivo

Nee, ich gehe da nicht hin!
Benutzeravatar

Thema-Ersteller
France Prešeren
Gehört zum Foruminventar
Beiträge: 5764
Registriert: 13. Jun 2009 13:34
Geschlecht: männlich
Slowenischkenntnisse: Umgangssprachlich (Smalltalk)
Wohnort: Novo mesto
Hat sich bedankt: 504 Mal
Danksagung erhalten: 997 Mal
Gender:
Slovenia
Okt 2014 21 18:17

Re: Die Ausgelöschten

Ungelesener Beitrag von France Prešeren

MOMO hat geschrieben:Biopolitik
Dieser Begriff könnte es auch locker in die engere Auswahl für das Unwort des Jahres schaffen.
Nazadnje še, prijatlji,kozarce zase vzdignimo,ki smo zato se zbrat'li,ker dobro v srcu mislimo.
Benutzeravatar

Benutzer 989 gelöscht
Hat sich bedankt: 0
Danksagung erhalten: 0
Okt 2014 22 20:53

Re: Die Ausgelöschten

Ungelesener Beitrag von Benutzer 989 gelöscht

MOMO hat geschrieben: http://www2.gender.hu-berlin.de/ztg-blo ... 14-berlin/" onclick="window.open(this.href);return false;
super wär, wenn die
Bimbos eine Kamera mit laufen lassen und den ganzen Seuch auf Youtube uppen würden;

.... aber um so studierter...um so ver-tier-ter...ähm ver-wiert-er...?


schade,
wäre sicher ein interessanter Vortrag? :pfannkuchen:
Antworten

Erstelle einen Zugang oder melde dich an, um zu kommentieren

Du musst registriert sein, um kommentieren zu können

Erstelle einen Zugang

Kein Mitglied? Registriere dich jetzt
Mitglieder können kommentieren und eigene Themen starten
Kostenlos und dauert nur eine Minute

Registrieren

Anmelden

Wer ist online?

Mitglieder in diesem Forum: 0 Mitglieder und 1 Gast