Das Volk geht auf die Straße!

Nationale und internationale Politik

Moderator: Trojica

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France Prešeren
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Feb 2013 02 16:20

Re: Das Volk geht auf die Straße!

Ungelesener Beitrag von France Prešeren

Letzter Beitrag der vorhergehenden Seite:

Während in D nun scheinbar reihenweise die Doktorarbeiten überprüft und aberkannt werden, sind sie in Slowenien schon weiter. Dort werden jetzt auch schon Diplome aberkannt, wie nun das Diplom der Betriebswissenschaft von dem ehemaligen Mariborer Bürgermeister Kangler.

Auch dazu natürlich eine Karikatur. :grindevel:

[thumbnail]http://www.abload.de/img/ponarejevalechkkzy.jpg[/thumbnail]
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Tom
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Feb 2013 02 19:13

Re: Das Volk geht auf die Straße!

Ungelesener Beitrag von Tom

Das erinnert an die mittelalterliche Hexenjagd. :shock:
Fraglich ist das ganze sowieso. Ich meine die "Mode" sich mit einem akademischen Grad zu schmücken.
Doktorarbeiten über den Fliegenars.. , oder die Tauglichkeit eines Staubsaugers, als Sexspielzeug... usw. :spinnt:
Oft haben diese akademischen Grade nichts mit der eigentlichen Position des Trägers zu tun.
:hutzigarre:
Manche Leute drücken nur ein Auge zu, damit sie besser zielen können.
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France Prešeren
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Feb 2013 09 15:26

Re: Das Volk geht auf die Straße!

Ungelesener Beitrag von France Prešeren

Apropos Hexenjagd. Inzwischen haben auch die SDS-Unterstützer, bzw. Janša-Unterstützer, eine kuschlige Versammlung abgehalten. Die Besucherzahlen weichen je nach Einschätzung erheblich ab. Sagen wir mal, es waren genug, um die Versammlung anmelden zu müssen.

[thumbnail]http://www.abload.de/img/zajanso1tuvm.jpg[/thumbnail] Quelle: Dnevnik.si

:totlach:
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Stane
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Feb 2013 10 10:18

Re: Das Volk geht auf die Straße!

Ungelesener Beitrag von Stane

France Prešeren hat geschrieben:Apropos Hexenjagd. Inzwischen haben auch die SDS-Unterstützer, bzw. Janša-Unterstützer, eine kuschlige Versammlung abgehalten. Die Besucherzahlen weichen je nach Einschätzung erheblich ab. Sagen wir mal, es waren genug, um die Versammlung anmelden zu müssen.

[thumbnail]http://www.abload.de/img/zajanso1tuvm.jpg[/thumbnail] Quelle: Dnevnik.si

:totlach:

Unterstützer laut SDS 12.000,laut SDS kontollierter Polizei 9.000!und so sieht die harte Realität aus,ein kleiner haufen von selbsternannten wahren Slowenen..........

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Führer befiehl,wir folgen dir.........

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und das sind angeblich 20.000,in Wahrheit wohl weit mehr.........Zombies,Links-Faschisten,Komunisten und was weiß ich noch.......

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France Prešeren
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Feb 2013 10 13:29

Re: Das Volk geht auf die Straße!

Ungelesener Beitrag von France Prešeren

Die Wahrheit wird bei der SDS Demo irgendwo zwischen den beiden genannten Werten liegen. Ausgehend vom Standardwert von 4 Personen pro Quadratmeter und weil die Menschen hinterm Haus nicht zu sehen sind und noch die Personen im Park dazu zu rechnen sind, würde ich auch 10.000 Personen rechnen.

Was jedoch die Demo der Regierungsgegner angeht, so hat die Polizei dort wohl die Personen in den Seitenstraßen nicht dazu gezählt.

Es ist allerdings nicht ungewöhnlich, dass Regierungsgegner und mit der Regierung unzufriedene Menschen eher auf die Straße gehen als Befürworter. Es liegt in der Natur der Sache, dass Demonstrationen vor allem abgehalten werden, wenn man unzufrieden ist und nicht, um seine Zufriedenheit zum Ausdruck zu bringen. Hinzu kommt, dass konservative Wähler nicht so sehr dazu neigen Demonstrationen zu besuchen wie linksgerichtete Menschen und Revoluzzer. Das erlebt man auch in Deutschland immer wieder, wo Demonstrationen für konservative Werte es nicht mal zu einer Randnotiz der lokalen Presse schaffen, weil sie kaum besucht werden. Konservative Wähler neigen nun mal nicht zum Radau. Von daher kann man schnell dazu neigen, dass man glaubt, die lautesten würden die Meinung der Mehrheit darstellen. Dem ist aber fast nie so. Siehe z.B. Stuttgart 21. Oder wie derzeit in München, wo fast am Stachus eine Vorzeigemoschee gebaut werden soll. Es traut sich zwar kaum jemand dagegen zu demonstrieren, würde es aber eine Volksbefragung geben, sähe das völlig anders aus.

Fakt ist, die Regierung ist seit rund einem Jahr im Amt. Fakt ist, die linksgerichteten Parteien kamen nicht zu einer Parlamentsmehrheit. Möglich, dass es Virant inzwischen bereut, nachvollziehen ist seine damalige Entscheidung dennoch, da er nun mal für konservative Werte steht.

Gleichzeitig kann ich gar nicht so viel essen wie ich kotzen möchte, dass in Slowenien die Politiker so sehr an ihrem Stuhl kleben. Im Falle Janšas kommt hinzu, dass er von seinen Parteikollegen auch noch auf diesem Stuhl gefesselt wird, weil sie genau wissen, sie haben keinen anderen Charakterkopf und würden irgendwann bedeutungslos werden. Da bin ich einfach zu deutsch. Besteht auch nur ein "Gschmäggle" bei einem Politiker, es wäre irgendwas nicht koscher, hat dieser erstmal auf der Hinterbank Platz zu nehmen. Das gilt noch viel mehr, je höher dessen Position in der Partei oder dem Land ist.

Wie ich schon mal schrieb, halte auch ich Neuwahlen für nicht zielführend, da es zum einen unnötig Geld kostet, zum anderen die letzte Wahl erst kürzlich war und außerdem Zeit kostet, die Slowenien nicht hat. Nachdem die SDS an ihren Ämtern festhält, bleibt immer noch ein konstruktives Misstrauenssvotum, was es auch in Slowenien gibt. Also sollte man dieses Instrument nutzen und eine neue Regierung bilden. Das setzt natürlich voraus, dass die Politiker Verantwortungsbewusstsein zeigen. Da sie das aber schon seit Jahren nur selten zeigen, werden sie es wohl auch zukünftig kaum tun.
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Re: Das Volk geht auf die Straße!

Ungelesener Beitrag von France Prešeren

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Benutzer 989 gelöscht
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Feb 2013 15 01:48

Re: Das Volk geht auf die Straße!

Ungelesener Beitrag von Benutzer 989 gelöscht

France Prešeren hat geschrieben:Im Falle Janšas kommt hinzu, dass er von seinen Parteikollegen auch noch auf diesem Stuhl gefesselt wird, weil sie genau wissen, sie haben keinen anderen Charakterkopf und würden irgendwann bedeutungslos werden. Da bin ich einfach zu deutsch. Besteht auch nur ein "Gschmäggle" bei einem Politiker, es wäre irgendwas nicht koscher, hat dieser erstmal auf der Hinterbank Platz zu nehmen. Das gilt noch viel mehr, je höher dessen Position in der Partei oder dem Land ist.
Problem in SLO: Politiker-, Ministerpositionen sind zu schlecht bezahlt.
Jeder, der was im Hirn hat, geht in die freie Wirtschaft. Die paar Kröten verdient ein Unternehmer in 3 Tagen, was ein hiesiger Politiker dort
im Monat verdient :mrgreen:
Wie will man da fähige Betriebswirtschaftler an Land ziehen? Volkswirtschaftler, Theoretiker, Dampfplauderer gibt es dort schon genug.
Wenn man schon auf den Wahlplakaten die ganzen Milchbubengesichter sieht, ...will man schon gar nicht zum Wählen gehen.

Slowenien braucht einen Strauß, paar Hoeneß und Kahneier ? Und nicht so Luschen wie Janza und Konsorten, welche sich nur die Taschen füllen. Der Strauß hatte auch eingesackt, aber auch ordentlich ausgeteilt: :keks:
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Re: Das Volk geht auf die Straße!

Ungelesener Beitrag von France Prešeren

Für die heute seit 15 Uhr stattfindende Demonstration wurde gestern auf ganz besondere Weise Werbung gemacht. Nur für ca. 2 Stunden, aber dafür umso aufsehenerregender, weil auf dem höchsten Punkt der Stadt.

[thumbnail]http://images0.zurnal24.si/slika-419x60 ... 860811.jpg[/thumbnail]

-- Nachricht nachträglich hinzugefügt am 09.03.2013 16:09 --

Hier kann man mitlesen, was bei der Demo so geschieht.

http://www.siol.net/novice/slovenija/20 ... staja.aspx" onclick="window.open(this.href);return false;
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Re: Das Volk geht auf die Straße!

Ungelesener Beitrag von Benutzer 989 gelöscht

Pahor kommt mit 3.000 euro nicht über die Runden?
Wie sollen die Leute mit rd. 600 euro pro Monat erst über die Runden kommen? :ueberleg:
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France Prešeren
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Re: Das Volk geht auf die Straße!

Ungelesener Beitrag von France Prešeren

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MOMO
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Mär 2013 09 23:37

Re: Das Volk geht auf die Straße!

Ungelesener Beitrag von MOMO

heute waren es ca. 5000 in Ljubljana.

eine gute Zusammenfassung der gesamten Ereignisse und Hintergründe kann man hier nachlesen:

ALLE WERDEN FERTIGGEMACHT
In Slowenien gibt es seit Monaten Massenproteste gegen die politische Korruption. Vorige Woche ist der Ministerpräsident nach einem Misstrauensvotum zurückgetreten. Doch die Proteste gehen weiter.

Das hätte er sich wohl nicht einmal in seinen wildesten Träumen vorstellen können: Vor 25 Jahren noch war Janez Janša ein in Slowenien inhaftierter Journalist, ein paar Jahre später dann Held der Unabhängigkeitsbewegung des Landes und im Februar 2012 wurde er – nach einer ersten Amtszeit ab 2004 – als Vorsitzender der rechtskonservativen Demokratischen Partei (SDS) sogar zum zweiten Mal Ministerpräsident. Nur ein Jahr später ist es damit schon wieder vorbei. Am Mittwoch vergangener Woche trat er nach einem Misstrauensvotum gegen ihn zurück. Das Vertrauen des Parlaments verlor Janša, nachdem in einem am 8. Januar veröffentlichten Bericht der staatlichen Anti-Korruptions-Kommission Vorwürfe gegen ihn erhoben worden waren: Einkünfte von 210 000 Euro soll er nicht ausreichend deklariert haben. Nach Bekanntwerden der Korruptionsvorwürfe hatten sich auch drei seiner Koalitionspartner, die marktliberale Bürgerliste (DL), die Rentnerpartei (Desus) und die konservative Slowenische Volkspartei (SLS), von der Minderheitsregierung verabschiedet. Die DL und die Desus beteiligten sich daraufhin am Misstrauensantrag der Opposition.

Das Misstrauensvotum brachte die Regierung letztlich zu Fall, doch bereits seit vier Monaten ist das politische und ökonomische Establishment Sloweniens mit Massenprotesten konfrontiert. Am 9. März ist es wieder so weit: Der »4. Gesamt-Slowenischen Aufstand« steht an – der nächste in einer Reihe von Massenprotesten. Am letzten, dem »3. Aufstand« am 8. Februar, einer der größten Demonstrationen in der slowenischen Geschichte, beteiligten sich 25 000 Menschen allein in Ljubljana. Die vermeintlich passive Bevölkerung hat die Dinge in ihre eigene Hand genommen. Die Proteste weiteten sich seit November vergangenen Jahres von Maribor über ganz Slowenien aus, ohne dass einer der etablierten Politiker den »Aufstand« entscheidend unterstützt hätte. Janšas Regierung versuchte sogar, die Proteste zu kriminalisieren, und nannte sie »linken Faschismus«.

Der Auslöser für die Aufstände war die Stationierung einer Radaranlage in der Stadt Maribor, mit 100 000 Einwohnern die zweitgrößte Sloweniens. In einer Public-Private-Partnership sollten die Gewinne der Radaranlage zu 90 Prozent den privaten Investoren zugutekommen. Federführend für dieses Geschäft war der inzwischen abgesetzte Bürgermeister, Franc Kangler (ehemals SLS), gegen den zwölf Strafanzeigen wegen Korruption aus seiner ersten und zweiten Amtszeit vorliegen. Der zunächst lokale »Gotof je!«-Aufstand (»Der ist fertig!« oder »Es reicht!«), der vor allem über Facebook organisiert wurde, erregte überregionales Aufsehen, nachdem die Polizei am 30. November ungewohnt brutal gegen die Demonstrierenden vorgegangen war. Die Proteste wurden daraufhin landesweit unterstützt. Im Dezember gab es bereits Proteste gegen die lokale und nationale politische Führung in 19 Städten in ganz Slowenien. Kangler wurde zum Rücktritt gezwungen, auch durch starken Druck seiner Politikerkollegen. Unterdessen kämpfen die Menschen weiterhin für den Rücktritt der gesamten Gemeinderegierung in Maribor, aber auch anderswo. Der Sturz der Regierung, der nach dem Misstrauensvotum zunächst erreicht scheint, wurde ebenso gefordert wie ein grundlegender Systemwandel. Obwohl sich einige Organisationen, wie der dem kulturellen Widerstand zugerechnete slowenische Pen-Club und das Kulturkomitee Koks, an der neuen Übergangsregierung beteiligen wollen, gehen die Proteste weiter. Das bekräftigte auch eine der größten an den Aufständen beteiligten Initiativen, »Aktivni državljan« (Aktive Bürger), in einer nach dem Rücktritt Janšas veröffentlichten Stellungnahme. Die ganze politische Klasse müsse gestürzt werden, kleine Änderungen auf der Führungsebene genügten nicht.

Die Beweggründe der Menschen für ihren Protest sind vielfältig und in den vergangenen Jahren noch zahlreicher geworden, in gewisser Weise zerstörten die Proteste den Mythos vom »erfolgreichen postsozialistischen Übergang zu Marktwirtschaft und Demokratie«. Viele derjenigen, die Ende der achtziger Jahre für Unabhängigkeit und Demokratie im zusammenbrechenden Jugoslawien demonstriert hatten, fanden sich bei den späteren slowenischen Aufständen wieder. Sowohl die inzwischen gestürzte Mitte-Rechts-Koalition als auch die vorherige Mitte-Links-Regierung unter Borut Pahor betrieben eine strenge Sparpolitik, die weder wirtschaftliches Wachstum noch neue Jobs brachte. Die Sozialausgaben wurden drastisch gekürzt, die Arbeitslosenrate beträgt 13 Prozent, Staatsunternehmen wurden privatisiert, es kam zu Massenentlassungen. Janšas Regierung setzte außerdem gegen großen Widerstand der Opposition die Gründung einer bad bank durch, die die slowenischen Banken entlasten sollte, die wegen ihrer umstrittenen Kreditvergabepraxis in die Krise geraten waren. Slowenien befindet sich in einer Wirtschaftskrise, es steht unter Druck, sein Haushaltsdefizit den EU-Vorgaben gemäß zu reduzieren, und es wird damit gerechnet, dass es auch bald Finanzhilfen der EU in Anspruch nehmen muss. Die wirtschaftlichen Probleme müssen vor dem Hintergrund der Sparpolitik der EU gesehen werden. Es waren aber nicht nur der Abbau des Sozialstaats und die schlechte Konjunktur, derentwegen die Menschen aufbegehrten, ihr Protest richtete sich vor allem gegen die korrupte Führungsschicht und ihre Straffreiheit.

Denn nicht nur gegen Janša gibt es Korruptionsvorwürfe, sondern auch gegen den einstigen Oppositionsführer der linksliberalen Partei Positives Slowenien (PS) und Bürgermeister Ljubljanas, Zoran Janković, der die PS kurz vor den Wahlen 2011 gegründet hatte. Er unterstützte zwar zunächst die Protestierenden und fieberte mit ihnen von seinem Sofa aus vor dem Fernseher mit, doch die Proteste galten auch ihm als Teil der korrupten Führungsschicht. Nach den Vorwürfen der Anti-Korruptions-Kommission gab er Mitte Januar den Parteivorsitz zunächst vorübergehend an Alenka Bratušek ab, sein Rücktritt erfolgte aber unter der Bedingung, dass sie zur Ministerpräsidentin gewählt werde. Die Abgeordnete der PS und ehemalige Mitarbeiterin des ­Finanzministeriums wurde nun Janšas Nachfolgerin und soll binnen zwei Wochen eine neue Koalitionsregierung bilden. Daran scheiterte die PS, die eigentlich die jüngsten Wahlen gewann, bereits voriges Jahr, weshalb dann die nur auf dem zweiten Platz gelandete SDS die Regierungsbildung übernahm. Als Bürgermeister trat Janković nicht zurück.

Der Massenaufstand in Slowenien wurde zu einem demokratischen Aufbruch. Vor allem nach der Veröffentlichung des Korruptionsberichts nahm er eine deutlichere politische Gestalt an: Es geht um Alternativen zu den liberal-demokratischen Institutionen. Was noch vor einigen Monaten unmöglich schien, rückte nun ins Zentrum der öffentlichen Diskussion politischer Organisationen und Foren, aber auch der Massenmedien. Kritik an der Krisenpolitik und am Establishment wurde für alle ein Thema, nicht nur für die gebildete Elite. Junge und Alte, Arbeiter und Studierende, Queers, prekär Beschäftige, Umweltschützer, Anarchisten und Sozialisten verlangen alle einen tiefgehenden sozialen Wandel.

Was für die politische Reife der Aufstände spricht, ist die Intensität und die Vielfalt der Forderungen: von einer moralischen Kritik an korrupten Politikern über reformistische und graduelle Änderungen zu einem revolutionären Umsturz, von der Stärkung des Rechtsstaats zu Initiativen für direkte Demokratie oder demokratischen Sozialismus. In dieser politischen Situation ist es wichtig zu sehen, dass der slowenische Aufstand nur einer im Mosaik der Kämpfe an der Peripherie der EU ist. Die sozialen Proteste in Bulgarien, Griechenland, Spanien, Portugal, Italien – all diese Kämpfe beleuchten die Ungleichheiten innerhalb der EU. Doch dürfen die Kämpfe in der Peripherie nicht isoliert bleiben, die Forderungen sollten an das Zentrum gerichtet werden: Wie kann man die europäischen Institutionen demokratisieren und das Kapital regulieren, das in Europa frei flottiert? Wie können die sozioökonomischen Beziehungen zwischen Nord und Süd gerechter gestaltet werden? Offensichtlich ist das keine Frage, die nur die Aufstände an der Peripherie beantworten müssen, sondern eine zentrale Frage für alle, die das Projekt eines gemeinsamen Europa weiterführen wollen.


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