40.000 gedenken der Opfer von Srebrenica

Wenn es wieder gilt die Vergangenheit aufzuarbeiten

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Jul 2010 12 08:37

40.000 gedenken der Opfer von Srebrenica

Ungelesener Beitrag von arcalis

Spiegel.online

15 Jahre nach Massaker - 40.000 gedenken der Opfer von Srebrenica


Im bosnischen Potocari haben am Sonntag etwa 40.000 Menschen an den Völkermord von Srebrenica vor 15 Jahren erinnert. Serbische Verbände hatten hier am 11. Juli 1995 mehr als 8000 muslimische Jungen und Männer ermordet. Es war das größte Kriegsverbrechen in Europa seit dem Ende des Zweiten Weltkriegs.

Spitzenpolitiker aus der Region und aus Europa gaben 775 erst jetzt identifizierten Opfern die letzte Ehre, die auf dem Gedenkfriedhof in Potocari beigesetzt wurden. "Das Grauen Srebrenicas ist ein dunkler Fleck auf unserem kollektiven Gewissen", hieß es in einer persönlichen Botschaft des US-Präsidenten Barack Obama. "Es wurden Menschen umgebracht, die an das Versprechen der internationalen Gemeinschaft glaubten, dass sie geschützt werden", schrieb Obama.

Das von den Vereinten Nationen als Völkermord bezeichnete Verbrechen ist das dunkelste Kapitel aus der Zeit des Zerfalls des früheren Jugoslawiens. Im Juli 1995 waren bosnisch-serbische Milizen in die damalige UN-Schutzzone Srebrenica einmarschiert und hatten an den niederländischen Blauhelmsoldaten vorbei vorwiegend Männer und Jungen verschleppt und getötet. Um ihre Verbrechen zu vertuschen, hatten die Milizen die Toten aus Massengräbern später wieder ausgegraben und letztlich an mehr als 70 Orten erneut verscharrt. Experten identifizierten nach Knochenfunden bisher insgesamt rund 6500 Opfer. In Potocari liegen erst etwa 3750 Tote begraben. (...)

Ein Jugendchor eröffnete mit dem Oratorium "Srebrenica-Inferno" die Gedenkfeier. Unter den ausländischen Gästen waren für die EU-Ratspräsidentschaft der belgische Regierungschef Yves Leterme sowie der türkische Ministerpräsident Recep Tayyip Erdogan und der französische Außenminister Bernard Kouchner. (...)

Präsident Erdogan zeigte sich bewegt vom Treffen einer muslimischen Mutter mit dem serbischen Präsidenten Boris Tadic. Die Frau hat in Srebrenica zwei Söhne verloren. Die Zuhörer applaudierten, während sie die Reden der Offiziellen sonst ohne sichtbare Reaktion über sich ergehen ließen.

Kritik an der Teilnahme des serbischen Präsidenten Boris Tadic

Tadic erklärte, seine Teilnahme an der Zeremonie sei "ein Akt der Aussöhnung und des Brückenbauens" zwischen den Nationen des ehemaligen Jugoslawiens. Das serbische Parlament hatte das Verbrechen im März verurteilt und sich bei den Opfern und deren Familien entschuldigt.

Zahlreiche Angehörige der Opfer standen der Teilnahme des serbischen Präsidenten an der Zeremonie dennoch kritisch gegenüber. "Er sollte sich schämen nach Potocari zu kommen, solange er nicht die meistgesuchten Kriegsverbrecher gefasst hat", sagte die Witwe Mehmedovic. Während der frühere bosnische Serbenführer Radovan Karadzic im Sommer 2008 in Belgrad gefasst wurde und vor dem UN-Kriegsverbrechertribunal in Den Haag steht, ist der frühere bosnisch-serbische Armeechef Ratko Mladic auch heute noch auf der Flucht.

Auch Obama verlangte ebenso wie Bundesaußenminister Guido Westerwelle, dass Mladic endlich festgenommen werden müsse. Mladic soll sich in Serbien versteckt halten. Westerwelle (FDP) appellierte zugleich an die Politiker auf dem Balkan, "über den schmerzhaften Erinnerungen an die Kriegsereignisse nicht die Chance zu versäumen, im Sinne der gemeinsamen europäischen Perspektive erfolgreich zusammenzuarbeiten".

In Berlin war am Wochenende ebenfalls der Opfer des Massakers gedacht worden. Vor dem Brandenburger Tor war ein Berg von mehr als 8000 Paar Schuhen aufgetürmt worden. Die Schuhe - jedes Paar soll an einen Ermordeten erinnern - sollen im kommenden Jahr in Bosnien zu einem Denkmal, der "Säule der Schande", aufgetürmt werden. Die Veranstaltung in Berlin hatten unter anderem die Gesellschaft für bedrohte Völker (GfbV) und der Aktionskünstler und Initiator des Mahnmals, Phillipp Ruch, organisiert.
Dass die Angehörigen die Teilnahme des serbischen Präsidenten an dieser Trauerfeier und der Beisetzung von Opfern kritisieren und verurteilen, ist für mich absolut nachvollziehbar. Da gehört er einfach nicht hin. Diplomatische Gesten der Versöhnung wie die Entschuldigung des Parlaments sind 15 Jahre danach sicherlich der richtige Weg - aber die Teilnahme an solch einer Trauerfreier hätte der serbische Präsident sich mit Rücksicht auf die Gefühle der Angehörigen sparen sollen.
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Re: 40.000 gedenken der Opfer von Srebrenica

Ungelesener Beitrag von MOMO

Man kann das auch anders sehen...auch Brandt ist damals auf die Knie gefallen in Warschau und mußte deswegen Kritik einstecken....als Person mag er helfen wollen, die Leute zu fassen, aber es stecken noch andere Leute dahinter, Tadic ist nicht Serbien, er kann nur seine Meinung zum Ausdruck bringen, und das sollte man respektieren. Mir ist jedenfalls ein präsident lieber, der sich nicht von anderen total beeinflussen läßt und auch mal seinen Kopf durchsetzt.
Auch den Bosniern muß klar sein, das er nicht alles weiß...aber als ein Schritt sollte man es anerkennen. Aber selbst einem Obama sind in manchen sachen die Hände gebunden...leider... :hintern:
allein die Entschuldigung hat verdammt viel politische Kraft gekostet...in dem Sinn hoffe ich, das er seine Linie auf dem Balkan durchhält..es könnten auch schlimmere Kräfte an der Macht sein... :hae: :hae:
Ich bin halt ein Optimist, der versucht, das letzte positive irgendwo rauszukitzeln...ist nicht immer richtig,ich weiß, aber so einen Mann in Serbien, ist auch mal was Positives... :wink:


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Re: 40.000 gedenken der Opfer von Srebrenica

Ungelesener Beitrag von arcalis

MOMO hat geschrieben:Man kann das auch anders sehen...auch Brandt ist damals auf die Knie gefallen in Warschau und mußte deswegen Kritik einstecken....
Tadic ist nicht Serbien, er kann nur seine Meinung zum Ausdruck bringen, und das sollte man respektieren. Mir ist jedenfalls ein präsident lieber, der sich nicht von anderen total beeinflussen läßt und auch mal seinen Kopf durchsetzt.
allein die Entschuldigung hat verdammt viel politische Kraft gekostet...in dem Sinn hoffe ich, das er seine Linie auf dem Balkan durchhält..es könnten auch schlimmere Kräfte an der Macht sein...
Ich gebe Dir Recht - die Linie Tadics ist die Richtige. Und Tadic hat es sicherlich auch "gut gemeint" - was Respekt verdient. Es ist nur oft ein ziemlich schmaler Grat in solchen Dingen. Vielleicht wäre es besser gewesen, Srebrenica an einem anderen Tag zu besuchen und der Opfer zu gedenken und nicht aus Anlass dieser Gedenkfeier, wo gleichzeitig auch noch Opfer bestattet wurden.

Brandts Kniefall in Warschau war 25 Jahre nach Kriegsende. Wenn man bedenkt, dass damals die Hälfte der Deutschen diesen für "übertrieben" hielt, so kann man froh sein, dass die Deutschen in den letzten 40 Jahren eine Menge dazu lernten. Vielleicht kann eine Versöhnung nach solchen Gräueltaten auch nur unter den nachfolgenden Generationen stattfinden, die selbst nicht beteiligt waren. Wer als Opfer dabei war oder seine Angehörigen verloren hat, wird sich mit einer Versöhnung sehr schwer tun. Es ist immer einfach, von Versöhnung zu reden - aber was anderes, wenn man selbst Vater, Bruder oder Sohn verloren hat.

Und daher war der Besuch der Gedenkfeier vielleicht einfach zu früh, weil die unmittelbare Erinnerung an die Katastrophe bei vielen noch zu frisch ist.
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Re: 40.000 gedenken der Opfer von Srebrenica

Ungelesener Beitrag von MOMO

arcalis hat geschrieben:Ich gebe Dir Recht - die Linie Tadics ist die Richtige. Und Tadic hat es sicherlich auch "gut gemeint" - was Respekt verdient. Es ist nur oft ein ziemlich schmaler Grat in solchen Dingen. Vielleicht wäre es besser gewesen, Srebrenica an einem anderen Tag zu besuchen und der Opfer zu gedenken und nicht aus Anlass dieser Gedenkfeier, wo gleichzeitig auch noch Opfer bestattet wurden.

Da hast du natürlich Recht, weit mehr würde ihm Respekt gezollt werden, wenn er es "heimlich" gemacht hätte...ohne öffentliche Aufmerksamkeit.
Da kommt der zusammenhang zur Loveparade...ein beleidsbekenntnis des OB mit Teilnahme wäre ja, als wenn ein Adolf H. zur Beisetzung eines Juden gegangen wäre..... :wiederkaeuer: ..entschuldigung für den unpassenden Vergleich, aber da hat Arcalis völlig recht!!! man sollte versuchen, opfern zu helfen, ohne den eigenen egoismus in den Vordergrund zu stellen...bzw. sich damit zu profilieren

leider ist das mit der Loveparade passiert, aber man kann dadurch auch wieder andere Dinge ins verhältnis setzen....wie eben dieses...wann ist was richtig?

ich bin zwar der meinung, das das eine nicht mit dem anderen Vergleichbar ist, z.b. war tadic nicht zu der zeit am ruder bzw. entscheidungsberechtigt, aber er repränsetiert eben Serbien, auch das "alte"...ob er will oder nicht...


danke, Arcalis für deinen denkanstoß.... :keks:


und ich will gar nicht witer denken an deutschland und seine Presse.... :hintern: :hintern:

lg
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